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Kenta blickte mich nicht an. Kein einziges Mal. Ich hingegen blickte ab und zu zu ihm herüber, wenn auch nur kurz, ehe ich wieder nach vorn' geblickt hatte. Siebenundzwanzig Jahre alt war er, sagte er zu mir. Er war also gerade mal drei Jahre älter als ich. Auch erzählte er mir, dass er ein Scharfschütze der anderen Art war. Meine Augenbrauen schossen empor nach oben. Was meinte er mit "der anderen Art"? "Inwiefern 'der anderen Art'?", lautete demnach meine Frage, welche wohl hoffentlich beantwortet werden würde. Trotzdem kam ich nicht umhin still in mich hinein zu lächeln. Ich war eine Nahkämpferin, er ein Fernkämpfer. Zusammen waren wir also wirklich ein perfektes Zwei-Mann-Team. "Wir ergänzen uns", sprach ich meine Gedanken laut aus, ehe wir das Gebiet der verlassenen Häuser erreicht hatten. Es war ein grausiger Ort; trist und die Farben Schwarz und Grau herrschten hier hauptsächlich. Die Fenster waren zum Teil eingeschlagen. Überall lagen Glasscherben, wie abermillionen von Diamanten, zerstreut; unkontrolliert auf den Boden herum. Manche Splitter waren winzig klein; knisterten beim drüber Gehen unter der dunklen Sohle meiner flachen Schuhe. Andere wiederum waren groß genug, dass wir unsere eigenen Reflektionen erkennen konnten.
"Es scheint mir, als wären die Kinder auch nicht hier", stellte ich nach wenigen Momenten mit in tiefen Falten gelegter Stirn fest. Meine Hände fanden sich in die tiefen Taschen meines Mantels wieder. Es war kalt. Verdammt kalt und meine Haut wirkte in diesem sauwind noch blasser als sonst. "Wäre es so, so hätten wir ihre Fußspuren entdeckt..", denn nicht nur Glasscherben, sondern auch Staub von der Mauer lag auf dem Asphalt. Wären die Kinder hier entlang gelaufen, so hätte man ihre Fußspuren gesehen. Es sei denn, sie hätten ihre Spuren verwischt und selbst dann; so geübt in Spuren wegwischen, konnten sie auch nicht sein, schließlich waren sie Kinder und keine ausgebildeten Assassine, wie ich es zum Beispiel war. "Dann lasst uns in--", aber mein Satz beendete ich plötzlich abrupt, denn ich blickte auf meine Armbanduhr hinab und sah, dass es bereits an der Zeit war schleunigst zum Turm zurück zu kehren. In meinen Gedanken fluchte ich auf, so hatte ich das Gefühl gehabt, dass die Kinder im Waldstück hätten sein können. Stumm blickte ich Kenta an, dann seufzte ich schwer aus. "Den Wald werden wir wohl später untersuchen müssen..", begann ich zu sagen. "..es ist nämlich an der Zeit zum Treffen zu gehen", teilte ich dem Schwarzhaarigen mit. Sollte Kenta nichts dagegen haben -und da war ich mir sicher-, so würden wir gemeinsam zum Treffen gehen...