* * *
Acardia betrat den Speisesaal an dem eine endlos lange Tafel stand, an dem einen Ende saß ein Mann, er sah kräftig und streng aus, ein ernster Blick zierte das leicht erschöpfte Gesicht. Als er Acardia erblickte, hellte sich seine Miene auf. "Tocher! Wie schön, dass du so schnell gekommen bist, mein Magen brummt vor Hunger. Nun sezt dich, wir wollen anfangen!" Der König mochte es nicht zu warten, Pünktlichkeit war einer der obersten Prioritäten im Königshaus. "Guten Morgen Vater." Acardia nickte und nahm Platz. Außer ihrem Vater war nur die Dienerschaft im Raum. Sie brachten Brote und Gebäck, frische Milch und Butter vom eigenen Hof, außerdem eine große Schale voller Früchte. Acardia saß zur anderen Seite der Tafel, gute 70 Fuß von ihrem Vater entfernt. So war es im Königshaus nunmal, jeder hatte seinen Platz, daran musste sie sich schon früh gewöhnen. Das Essen war köstlich, wie jeden Tag. Acardia konnte sich nicht daran erinnern, jemals etwas schlechtes gegessen zu haben. Sie konnte sich auch nicht daran erinnern, irgendwann mal eine Verletzung gehabt zu haben. Ständig wirbelten Diener und Zofen um sie herum und passten auf sie auf. Acardia wusste, irgendwann würde sie an der Seite ihres Mannes die Herrschaft über Lyndan tragen und bis dahin durfte ihr nicht zustoßen, so hatte man es ihr immer wieder eingebläut. Nach dem Essen musste sie zur Fechthalle, ihr Lehrer wartete bereits. "Bis später Vater." Lautlos schob Acardia den Stuhl zurück, knickste höflich und eilte zurück in die Gänge.
Der junge Wächter, den Acardia vor dem Frühstück zum ersten Mal gesehen hatte, war es, der sie nun zur Fechthalle begleitete. Jeden Tag wurde sie begleitet, man wartete auf sie, passte auf sie auf. Kaum mal hatte sie Zeit für sich ganz allein. Das Fechten mochte sie, es machte ihr Spaß, sie konnte ihre wilde Seite zeigen, die nur sie in ihr spüren konnte.
Manchmal vergingen die Fechtstunden ihrem Empfinden nach viel zu schnell, schon trug sie wieder die seidenen Kleider, die seidenen Schuhe und eine Menge an teurem, endlem Schmuck. "Könnten sie mich bitte in meine Gemächer zurück führen? Vorher würde ich jedoch gern einen Spaziergang durch den Schlossgarten machen." Sie sprach zu dem Wächter, als wäre es eine Frage, doch sie wusste, dass niemals jemand hier ihr wiedersprechen würde. Also schritt sie in Richtung Garten und der Wächter folgte ihr. Selten sprachen sie mit ihr, den Wächtern war es verboten, Fragen zu stellen. Doch manchmal wünschte Acardia sich nichts sehnlicher als Jemanden, mit dem sie sich unterhalten könnte, ausgenommen der beiden Zofen in ihrem Alter, die ihr zur Belustigung dienten.
* * *