Original von Cat.Chaotic
Und deshalb bin ich der festen Meinung,
dass niemand anderes Schuld an einem Amoklauf ist
als der Amokläufer selbst.
Dummerweise lässt du den psychologischen Aspekt dabei vollkommen aus den Augen, und wählst stattdessen den denkbar einfachsten Weg die Schuldfrage zu klären, indem du einfach dem Ende der Kette die gesamte Schuld aufdrückst.
Mal eine andere Situation: Eine Familie besitzt ein kleines Kind und einen zahmen (!) Kampfhund. Eines Tages aber greift der besagte Kampfhund das Kind an. Nun frage ich mich auch wieder, wer ist der "Schuldige"? Ist es der Hund, da er zubiss? Sind es die Eltern, weil sie ihre Aufsichtspflicht gewissermaßen vernachlässigt zu haben scheinen und sie zu unaufmerksam waren? Oder war es das Kind selber, welches dem Hund im Vorfeld die ganze Zeit am Schwanz und an den Ohren zog, bis dieser sich derartig in die Enge getrieben fühlte, dass er anfing, sich selbst zu verteidigen?
Im Fall "Kampfhund" sehe ich jedenfalls so ziemlich nie den Hund als tatsächlichen Übeltäter. In den meißten Fällen folgt der Hund wenn soetwas geschieht wohl seinem Überlebenstrieb, und verteidigt sich gegen etwas, was - wie er es empfindet - ihn bedroht, demütigt, oder einfach nur nervt. Gehst du mit dem Hund vernünftig um, wird er i.d.R. auch niemanden der keine tatsächliche Bedrohung für sich, sein "Rudel" oder sein "Revier" betrachtet, angreifen. Geht man allerdings falsch mit ihm um, drängt man ihn in die Enge, egal ob wissentlich oder unwissentlich, kann man damit rechnen, sich Haut vom Oberschenkel ins Gesicht transplantieren lassen zu dürfen ô.o
Wieso ich das sage? Weil es beim Thema Mobbing genau das Selbe ist. Gut, Cat, du kannst nun natürlich auf deinem hohen Podest stehen und sagen, der Täter ist der "Dumme", weil alles seine Schuld ist.. aber.. du kennst diese Situation nicht, in der manch ein Mobbingopfer steckt. Du weißt nicht, wie sehr das ausufern kann, und was für Einflüsse auf die Psyche eines Menschen soetwas haben kann.
Mobbing ist nicht gleich Mobbing. Es gibt unzählige verschiedene Arten von Mobbing, von relativ harmlosen bishin zu richtigen Extremfällen, die so ziemlich jede Psyche zerstören könnten. Bei "Amokläufern" ist wohl eher letzteres der Fall. So wie gewisse Traumata misshandelter Kinder etc. ihre Zukunft beeinflussen können, z.T. sehr negativ, so beeinflusst permanentes Mobbing, was übrigends ein sich permanent fortführendes und dadurch größer werdendes Trauma ist, diese ebenfalls. Erst fühlt das Opfer sich angegriffen und ungerecht behandelt, dann fängt es an, depressiv zu werden und irgendwann verfällt es in ein extremes Schwarz-Weiß-Denken. Ab dem Punkt folgt es dann mit seiner Einstellung dem Motto "Entweder man ist für mich, oder man ist gegen mich", und wenn wir das auf Schulen übertragen denkt das Mobbingopfer im Extremfall nurnoch, das alle, die ihm nicht helfen, auf Seiten der Mobber stehen, und somit genau wie sie zu den Menschen gehören, die ihnen das Leben zur Hölle machen. Fühlt man sich erst mal alleine, ausgegrenzt und "gemobbt", entwickelt sich schnell soetwas, wie Hass. Den kann im Übrigen jeder Mensch unter diesen Vorraussetzungen entwickeln.. oder anders, ich gehe mal soweit das ich behaupte, den würde jeder Mensch unter solchen Vorraussetzungen entwickeln. Ist Hass erst mal da, ist die Basis für so ziemlich jede Greueltat vorhanden. Ab dem Punkt fehlt nurnoch eine Variabele, die Möglichkeit. Und ganz im Ernst, jede/r von uns hätte genau zu diesem Punkt getrieben werden können, auch du.
Und wer von Selbstverteidigung auch nur etwas Ahnung hat weiß, das die einem wenns ums Mobbing geht recht wenig hilft. Außerdem meiden viele Mobbingopfer Vereine und besonders Selbstverteidigungskurse aus Prinzip, aus Angst, vor noch mehr Demütigungen und noch mehr Mobbing. Wer schon so aus eigener Sicht am unteren Ende der Nahrungskette siedelt, der gibt schließlich nicht freiwillig anderen die Erlaubnis, einen auchnoch "legal" mit körperlicher Gewalt in einem Selbstverteidigungskurs fertig zu machen, oder? Das riskieren wohl nur die wenigsten.
Zu Stadtwechseln gehören im Übrigen auch die Eltern der Mobbingopfern. Zumindest kennt kaum ein minderjähriger die Möglichkeiten eines Umzuges, also, die eventuellen Förderungsmöglichkeiten des Staates usw.. Eltern neigen im Übrigen häufig dazu, das Thema zu verharmlosen. Kinder, die sich bei ihren Eltern wegen Mobbings auslassen, auch wenn es schon an reinen Psychoterror grenzt den sie erleiden müssen, werden oft so behandelt, als würde sie einfach nur irgendjemand ganz harmlos mit Sticheleien ärgern. Eltern kennen soetwas nicht, darum werden sie wohl kaum einen Wohnungs-, Stadt- oder Schulwechsel einfach so organisieren.
Zum Schluss sage ich nur eines: Kein Mensch wird als Monster geboren, aber die Gesellschaft schafft es immer wieder, ihre Entwicklung derart zu lenken, dass sie ziemlich nahe an das, was ein Monster ausmacht, herankommen.
Rechtfertigen tut dies natürlich nichts. Aber nur wenn man den wahren Schuldigen kennt, kann man Präventivmaßnahmen gegen diese Problematik ergreifen. Den Amokläufer, Schützenvereine, den Vater mit der Waffe oder Killerspielen die Schuld zuzuschieben, das mag der einfachste Weg sein, ja.. aber hilft es bei der Prävention? Nein. Die Gesellschaft ist das Problem, sie formt die Menschen, und sie trägt auch die Verantwortung für solche Taten.
Aber da soetwas fast ausschließlich an Schulen geschieht, würde ich genau dort auch ansetzen. Dort findet das Mobbing hauptsächlich wohl statt, dort sehen Eltern, Lehrer und Klassenkameraden weg, und genau dort ebnen sich manche den Weg in ihr eigenes Grab damit. Es braucht keine schärferen Waffengesetze, Schulpsychologen oder Killerspiel-Verbote. Regelmäßige Aufklärungsmaßnahmen für Schüler, Lehrer und Eltern würden Wunder wirken, garantiert. Man muss den Leuten die Augen für dieses Problem öffnen, damit sie diese nicht immer so lange verschließen, bis es zu spät ist.