Sumo - eine Kampfsportart, die nur in Japan betrieben wird, und von der die meisten nicht wesentlich mehr wissen, als daß ungewoehnlich dicke Kaempfer daran teilnehmen. Ich moechte mal versuchen, euch durch Erklaerung der Hintergruende und der wichtigsten Regeln die Faszination dieser Sportart ein wenig nahezubringen.
Nach der japanischen Legende hing der Ursprung der japanischen Rasse vom Ergebnis eines
Sumo-Kampfes ab. Die Vormachtstellung des japanischen Volkes auf den japanischen Inseln wurde vermutlich begruendet, als der Gott Nehm-mikazuchi einen
Sumo-Kampf mit dem Fuehrer eines rivalisierenden Stammes gewann. Abgesehen von dieser Legende datiert
Sumo als eine Sportart ungefaehr 1500 Jahre zurueck.
Die Urspruenge des
Sumo waren religioeser Natur. Die ersten Sumo-Kaempfe waren formelle Rituale, die den Goettern gewidmet waren mit Gebeten fuer ueberreiche Ernten und mit heiligen Taenzen und Auffuehrungen von dramatischen Stuecken in den einzelnen Schreinbezirken. In der Nara-Periode (etwa 8. Jahrhundert) wurden diese Zeremonien am Kaiserhof eingefuehrt. Die Ringkampffeste, an dem die siegreichen Ringer teilnahmen, wurden jaehrlich abgehalten und umfaßten Musik und Tanz. Fruehes
Sumo war oftmals reines Herumgeschubse und Gestoße, was mit den Elementen vom Boxen und Ringkampf nur wenig zu tun hatte. Unter der kontinuierlichen Schirmherrschaft des Kaiserhofes wurden aber nach und nach Regeln formuliert. Zu dieser Zeit unterschied sich der
Sumo nur noch wenig vom heutigen.
Nachdem sich in Kamakura im Jahre 1192 eine militaerische Diktatur etablierte hatte, waren heftige Kriege an der Tagesordnung. Man erkannt schnell, daß
Sumo sich gut auf die Kampfkraft auswirkt. Unter dem Einfluß der Samurai entwickelte sich Jujitsu als eine Abwandlung des
Sumo. Schließlich wurde im Jahre 1603 der Frieden wiederhergestellt, als sich die verschiedenen sich bekriegenden Fraktionen unter dem Tokugawa-Shogunate vereinigten. Eine Zeit des Wohlstands folgte, markiert vom Anstieg der Macht der handelstreibenden Klasse. "Professionelles"
Sumo organisierte sich, um die rasch anwachsende arbeitende Bevoelkerung zu unterhalten, und
Sumo wurde zum Nationalsport Japan's. Der heutige japanische
Sumo-Verein hat seinen Ursprung in diesen Gruppen aus der Edo-Periode.
Regeln
Der Sumo Ring heißt das dohyo und bekam seinen Namen von den Reisstrohsaecken, die die verschiedenen Bereiche des Rings kennzeichnen. Der groeßere Teil jeden Ballens ist fest eingegraben. Das dohyo ist 18 Fuß im Quadrat und 2 Fuß hoch und errichtet aus einer besonderen Art Ton. Die harte Oberflaeche ist mit einer duennen Schicht Sand bedeckt. Der Kampf ist beschraenkt auf den inneren Kreis, der im Durchmesser etwas mehr als 15 Fuß (4,55 m) mißt. Über dem dohyo haengt, an Seilen aufgehangen, eine Art Dach, das einen Schinto-Schrein nachbildet, von dessen 4 Ecken riesige Quasten herabhaengen, die die vier Jahreszeiten eines Jahres darstellen.
Ein Kampf gilt als gewonnen, wenn der Gegner aus dem innenen Kreis gezwungen oder im dohyo geworfen wird. Um zu verlieren, ist es nicht zwingend notwendig, im Kreis zu fallen oder voellig herausgestoßen zu werden. Der rikishi, der den Boden mit irgendeinem Teil seines Koerpers beruehrt, mit dem Knie oder sogar der Fingerspitze oder eben nur mit seinen Haaren hat schon verloren. Ebenso reicht es aus, wenn er mit einer Zehe oder seiner Ferse ueber den markierten Kreis tritt.
Es ist verboten, mit den Faeusten zu schlagen, an den Haaren zu ziehen, sowie in den Magen oder Brustkorb zu schlagen oder zu treten. Es ist auch gegen die Regeln, am mawashi zu ziehen, das die lebenswichtigen Organe abdeckt. Da es keine Gewichtsklassen gibt, kann es durchaus vorkommen, daß ein Kaempfer mitunter mal einem doppelt so schweren Gegner gegenuebersteht.
Im Jahr sind sechs große Turniere, drei in Tokyo und je eines in Osaka, Nagoya und Kyushu. Ein Turnier dauert fuenfzehn Tage, jeder rikishi kaempft einmal pro Tag mit jedem Gegner. Der Gewinner des Turniers, mit anderen Worten der rikishi mit dem besten Sieg/Niederlage-Verhaeltnis, bekommt des Kaisers Pokal am letzten Tag nach dem letzten Kampf. Außerdem gibt es drei zusaetzliche Preise: den shukunsho fuer den rikishi der die meisten yokozuna (Großmeister) und ozeki (Meister) geschlagen hat, den kantosho fuer bewiesenen Kampfgeist und den ginosho fuer die beste Technik. Um fuer einen dieser Preise qualifiziert zu sein, muß ein rikishi mindestens acht der fuenfzehn Kaempfe gewonnen haben.
Zu den farbenpraechtigsten Teilnehmern an einer
Sumo-Veranstaltung gehoeren die gyoji oder Schiedsrichter. Sie sind gekleidet in Kimono's, die nach dem Stil der Samurai der Kamakura-Periode (vor ungefaehr 600 Jahren) gestaltet sind. Ihre schwarzen Huete aus Gaze sind aehnlich den traditionellen Hueten der Schinto-Priester. Wie die rikishi so gehoeren auch die Schiedsrichter verschiedenen Raengen an und nur ein tate-gyoji (hoechster Rang) kann bei einem Kampf amtieren, an dem ein yokozuna beteiligt ist. Den Rang eines gyoji kann man von der Farbe der Quaste seines Faechers ableiten, purpur oder purpur/weiß fuer einen tate-gyoji, rot fuer einen san-yaku, rot/weiß fuer maku-uchi, blau/weiß fuer einen juryo und blau/schwarz fuer den niedrigsten Rang. Die hoeher eingestuften Schiedsrichter tragen tabi, die japanischen Socken mit einzelnen Zehen (wie Fingerhandschuhe) und zori, Strohsandalen, im Gegensatz zu den geringeren Raengen die ihre Arbeit barfuß verrichten. Der gyoji betritt vor den Kaempfern den Ring und nennt deren Namen mit seiner besonders geschulten, hohen Stimme. Es ist fuer jeden rikishi Sitte, sich einen poetischen
sumo-Namen auszuwaehlen. Einige nehmen einen Namen an, der sich vom Namen ihres
sumo-Meisters oder ihres Geburtsorts ableitet. Oft ausgewaehlte Namen enden auf -yama (Berg), -gawa (Fluß) oder -umi (Meer). Wird es Zeit, daß die Kaempfer beginnen, gibt der gyoji ein Signal mit seinem Faecher und waehrend des Kampfes hat er stets ein wachsames Auge auf ihre Bewegungen, waehrend er Worte der Ermunterung ruft.
Die Richter, die an den vier Seiten des dohyo sitzen, sind in schwarze formelle Kimono gekleidet. Sie werden vom toshiyori gewaehlt. Sollte es Zweifel an der Entscheidung des Schiedsrichters geben, steigen diese Richter in den Ring und klaeren die Angelegenheit unter sich (siehe Bild). Sie koennen des Schiedsrichters Entscheidung aendern oder sie koennen eine Wiederholung des Kampfes anordnen. Die Anzahl der Richter aendert sich nicht mit den verschiedenen Raengen. Es gibt immer fuenf Richter fuer alle Kaempfe.
Waehrend des Kampfes sind die rikishi nackt abgesehen von einem seidigen Schurz, mawashi genannt. Dieser wird aus 2 Fueß breiter und ungefaehr 10 Yard langer Seide hergestellt. Zum Tragen wird er sechs mal gefaltet und dann 4 bis 7 mal um die Taille des rikishi geschlungen, je nach dessen Umfang. Der mawashi ist ein grundsaetzlicher Bestandteil der Ausstattung eines rikishi. Man sagt, daß der mawashi ganz maßgeblich die Ausfuehrung von sumo mitbestimmt hat, denn es sind ca. siebzig gewinnende Griffe bekannt, die auf einen Griff am mawashi beruhen. Die Schnuere, die vorn herabhaengen, sind aus Seide und werden mit Leim befestigt und da sie ausschließlich dekorativ sein sollen, werden sie oft waehrend eines Kampfes abgetrennt.
Jeder rikishi, der den dohyo betritt, vollfuehrt eine ganze Reihe von Zeremonien. Um seinen Geist und Koerper zu reinigen, spuelt er seinen Mund mit Wasser, der Quelle Reinheit, symbolisch aus und wischt sich seinen Koerper mit einem Papiertuch. Das Heben der Arme und das feste Aufstampfen mit den Fueßen ist vom dohyo-iri der yokozuna abgeleitet. Jeder rikishi streut eine Handvoll Salz in den Ring, um diesen zu reinigen. Außerdem soll ihn dies vor Verletzungen schuetzen. Das Werfen des Salzes ist aber nur den maku-uchi-, juryo- und maku-shita-rikishi als ihr Privileg vorbehalten. Danach hocken sich die rikishi im Zentrum des Ringes einander gegenueber, gestuetzt mit ihren Faeusten auf dem Boden und beginnen sich gegenseitig scharf zu mustern. Dieser Teil des Rituals heißt shikiri. Der Kampf beginnt nicht sofort, sondern beide Kaempfer versuchen sich gegenseitig zu verunsichern und sich selbst auf den Kampf zu konzentrieren. Sie gehen zu ihren Ecken zurueck, um mehr Salz zu streuen oder sich den Mund auszuspuelen und begeben sich wieder in den inneren Kreis um wieder von vorn zu beginnen. Das ganze darf bis zu 4 min. dauern. (juryo-rikishi haben nur drei Minuten und die niedrigsten Raenge muessen sofort beginnen). Sie warten den psychologisch guenstigsten Moment ab, wenn sich beide bereit fuehlen. In frueheren
sumo-Zeiten konnte das shikiri theoretisch unendlich lange andauern. Erst 1928 wurde ein Zeitlimit von damals zehn Minuten eingefuehrt.
Begriffserklaerung
banzuke:
die offizielle Rangliste beim Sumo
danpatsu shiki:
die Zeremonie fuer ausscheidende rikishi, dabei wird formell der obere Knoten seines kesho mawashi entfernt
dohyo:
Der Sumo-Ring - bestehend aus gepacktem Ton, mit einem Ring aus eingegrabenen kleinen Reisstrohsaecken. Groeße: 4,55 m im Quadrat; Hoehe ca. 34 - 60 cm,
dohyo iri:
die Ringeintrittszeremonie, durchgefuehrt von rikishi der zwei hoechsten Raenge
gino sho:
der "Technik"-Preis - er wird rikishi's ueberreicht, die unter dem Rang eines ozeki stehen und im Verlauf eines gyoji hervorragende Technik beweisen.
gyoji:
die Schiedsrichter - es gibt acht Raenge in diesem Beruf (mit Befoerderungsmoeglichkeit), die auf einer Mischung aus Senioritaet und Kompetenz basieren. Jeder gyoji nimmt einen von zwei "Clan"- Namen als seinen Familiennamen an; Kimura oder Shikimori.
jonidan:
der zweitniedrigste Rang des banzuke, bzw. der offiziellen Rangliste beim Sumo
jonokuchi:
der niedrigste Rang des banzuke, bzw. der offiziellen Rangliste beim Sumo
juryo:
der zweithoechste Rang des banzuke, bzw. der offiziellen Rangliste beim Sumo. Dies ist der erste Rang, in dem einem rikishi alle Privilegien und Ehren der Elite des Sumo zuteil werden.
kanto-sho:
der Preis fuer hervorragenden Kampfgeist. Er wird am Ende eines basho an rikishi verliehen, die im Rang oberhalb eines ozeki stehen.
kesho-mawashi:
die Zeremonie"schuerzen", die waehrend der Ringeintrittszeremonie von rikishi der zwei hoechsten Ranggruppen getragen werden.
komusubi:
der vierthoechste Rang im banzuke, der offiziellen Rangliste im sumo.
mage:
der Haarknoten, der von einem rikishi getragen wird. Diesen gibt es in zwei verschiedenen Styles. Der chonmage wird von allen rikishi getragen, der o-icho nur von rikishi der zwei oberen Ranggruppen.
makunouchi:
die vierthoechste Ranggruppe des banzuke.
makushita:
die hoechste Ranggruppe des banzuke.
mawashi:
der Schurz aus Seide, den die rikishi waehrend ihrer Kaempfe oder beim Training tragen.
o-ichi:
der formellere Haarknoten, der von rikishi der zwei obersten Raenge beim Kampf oder anderen Gelegenheiten getragen wird.
ozeki:
der zweithoechste Rang des banzuke.
rikishi:
poetisch fuer "Mann der Kraft". So werden die Kaempfer bezeichnet, die beim Nihon-Sumo-Kyokai eingeschrieben sind.
sandanme:
die dritthoechste Ranggruppe des banzuke.
sanyaku:
urspruengliche Bezeichnung fuer die drei Raenge komusubi, sekiwake und ozeki.
sekiwake:
der dritthoechste Rang des banzuke.
shikiri:
das Startritual eines sumo-Kampfes.
shukun-sho:
ein Preis fuer einen rikishi der oberen Raenge, der waehrend eines basho die meisten yokozuna oder ozeki besiegt.
tachimochi:
der Überbringer des Schwertes waehrend der Ringeintrittszeremonie eines yokozuna.
tate-gyoji:
ein Schiedsrichter mit dem hoechsten Rang. Er heißt entweder shikimori-inosuke oder kimura-shonosuke.
toshiyori:
Bezeichnung fuer einen pensionierten rikishi, der als geschaeftsfuehrender Angestellter des Nihon Sumo Kyokais dem sumo treu bleibt.
tsuyuharai:
des yokozuna's "Platzanweiser" waehrend dessen Ringeintrittszeremonie.
yokozuna:
der hoechste Rang des banzuke.
yumitori-shiki:
die Bogen-Zeremonie, die am Ende jeden Turniertages durchgefuehrt wird.