Du bist nicht angemeldet.

1

Freitag, 8. März 2013, 12:20

Spoiler Spoiler

Eine Gesichte:

Dass ich ein Spenderkind bin,
habe ich vor vier Jahren erfahren
als ich selbst schwanger war.
Da hat meine Mutter mich in ein Café eingeladen
und mich gebeten, ihr zu versprechen,
dass ich ihr nicht böse sein würde,
wenn sie mir gleich was erzählen würde.
Tja, und dann ließ sie die Bombe platzen:
dass mein Vater zeugungsunfähig sei
und sie deswegen diesen Weg gegangen seien.
Weil sie sich so sehr ein Kind gewünscht hätten.
Und dass sie nie gewusst hätte,
wann der richtige Moment sei, um es mir zu sagen.

Im ersten Moment stand ich komplett neben mir.
Ich fühlte mich hilflos und allein.
Plötzlich war nichts mehr wahr von dem,
worauf mein ganzes Leben aufgebaut war.
Ich wusste nicht einmal mehr, wer ich bin.
Zitternd und weinend erzählte ich es am Abend meinem Mann.
Er tröstete mich und sagte, er fände es wunderbar,
dass ich so bin, wie ich bin.
Aber mir war nicht zu helfen.
Ich dachte an diesen Spender, meinen biologischen Vater,
und fragte mich: Wie lebt er, wie sieht er aus, was macht er?

Dann versuchte ich,
etwas über meinen biologischen Vater herauszufinden.
Aber ich wurde in einer Klinik gezeugt,
die es heute nicht mehr gibt.
Sie ist wie vom Erdboden verschluckt.
Und die Spendernummer meines Spenders
hat meine Mutter weggeworfen.
Es ist also so gut wie ausgeschlossen,
dass ich meinen biologischen Vater jemals finden werde.

In den folgenden Jahren war ich dauernd krank.
Eine Grippe nach der anderen, ich bekam die Mandeln raus,
dauernd rasende Kopfschmerzen, Nasennebenhöhlenentzündungen,
Nahrungsergänzung, CT vom Kopf, ich konnte kaum noch aufstehen.
Das Kind war dauernd bei der Schwiegermutter,
und keiner fand die Ursache für meine Krankheiten.
Man schob es auf die Nachwirkungen der Schwangerschaft.
Aber in Wirklichkeit lag es daran,
dass mein Urvertrauen in alles und jeden komplett weg war.

Wenn ich heute alte Fotos anschaue, die Familie an Ostern,
an Weihnachten unterm Baum, dann denke ich,
in was für einer Scheinwelt ich gelebt habe.
Ich habe 26 Jahre lang an eine Lüge geglaubt.
Etwa 100 000 Spenderkindern in Deutschland geht es genau so!

Nun hat es ein neues Urteil gegeben, nachdem eine Mutter
geklagt hat, die ihr Kind durch eine Samenspende bekommen hat!

Die Richter im westfälischen Hamm werteten
das im Grundgesetz festgelegte Recht auf freie Entfaltung
der Persönlichkeit höher als das Recht eines Spenders auf Anonymität.

Das Urteil:
Eine Samenbank muss einem anonym gezeugten Kind
den Namen des leiblichen Vaters nennen.

Das Urteil ist rechtskräftig.
Eine Revision ist laut OLG nicht zugelassen.

Was haltet ihr davon? Und ist es fair, den Männern,
die unter Anonymität gespendet haben, nun auf einmal
dieses Recht auf eben diese Anonymität zu nehmen?
Im Nachhinein?
Ich meine, wenn sie vorher drauf aufmerksam gemacht werden,
dass evtl. ihr Name später dem Kind genannt würde,
wäre es doch für beide Seiten fair. Aber so?
Kann das nicht auch Konsequenzen haben für die Familien
dieser Spender? Und ist es überhaupt immer so gut,
zu wissen, wer die Samen für das eigene Leben gespendet hat?

Ist es richtig, dass eine Recht für das Andere zu brechen?
Und wie findet ihr dieses Urteil generell?


~ Du hast mich zum Teufel gejagt und er empfing mich mit offenen Armen. ~

2

Freitag, 8. März 2013, 12:35

Samenspende ist in meinen Augen psychisch sowieso mehr als gefährlich.
Es klingt zunächst vernünftig, aber sowas elementares wie das Zeugen eines
Kindes und die Beziehung des Kindes zu den Eltern ist eine ganz heikle Sache,
vor allem auf die geistige Gesundheit ALLER Beteiligten bezogen.

Natürlich sollten Kinder den Namen ihrer Eltern erfahren dürfen! Sie sollten sogar
von Ihnen aufgezogen werden, alles andere ist nur ein fauler Kompromiss der unweigerlich
zu Problemen führen wird.
Jeder will daran glauben, aus Liebe zwichen seinen Eltern entstanden zu sein. Diese Herkunft
ist sehr wichtig für die geistige Stabilität. Eine künstliche Befruchtung dagegen ist ungefähr so
liebevoll wie durch Vergewaltigung durch einen Fremden entstanden zu sein...

Man sieht es doch sogar schon in weniger drastischen Fällen wie alleinerziehenden Eltern,
adoptivkindern oder Scheidungsfällen: Das Kind leidet sehr unter solchen drastischen Eingriffen
in seine unmittelbare Umgebung, die Tendenz zu Entwicklungsstörungen und psychischen Problemen
steigt immer weiter.

Ich bin gegen künstliche Befruchtung, nicht aus moralischen Gründen, sondern den Kindern zuliebe.

3

Freitag, 8. März 2013, 13:15

Diese ganze Story..


Ich find dieses Urteil mal richtig beschissen. Den Männern, die damals anonym gespendet haben, kann jetzt jederzeit ein Kind unter die Nase gehalten werden, das eine Vater-Sohn/Tochter-Beziehung aufbauen möchte. Obwohl er selbst vielleicht niemals Kinder haben wollte. Und diese Kinder werden einen wildfremden Menschen kennenlernen und aus seinem Leben, so viel sie davon eben mitkriegen können, Rückschlüsse auf ihr eigenes Leben ziehen, obwohl das mehr als unpassend und überflüssig ist.
"Oh, mein biologischer Vater ist seit 20 Jahren arbeitslos? Deswegen geht es mir also genauso!"
"Mein biologischer Vater ist auch so schlecht in der Schule gewesen, anstrengen hätte mir also eh nichts gebracht!"
Menschen, deren Selbstbild so auf ihr biologisches Erbgut fixiert ist, werden nämlich nicht mit einer positiven Einstellung an diese Sache rangehen. Sie werden sich betrogen fühlen und ihr ganzes Leben- so schön es evtl gewesen sein mag!- als Lüge ansehen (siehe Spoilerstory in Cats Beitrag) und deswegen werden sie ihrem Vater nur höchst unwahrscheinlicherweise lachend in die Arme fallen.
Für beide Seiten wird so ein Treffen also mindestens enttäuschend ablaufen, weil, mainly, nicht beide Seiten dieses Treffen möchten.

Und @Schrödi: Du kannst alleinerziehende Eltern oder Adoptivkinder nicht mit künstlich gezeugten Kindern vergleichen, die in einer heilen Familie aufgewachsen sind. Das ist nämlich mMn der einzig relevante Punkt. Wieso ist es so wichtig bei den biologischen Eltern zu leben bzw die zu kennen? Ich selbst ziehe durchaus die Möglichkeit in Betracht im Krankenhaus verwechselt worden zu sein, also kann man mir zumindest schonmal nicht 100%ig mit dem Argument kommen ich wüsste ja nicht wie solche Menschen sich fühlen würden. Das hat verschiedene Gründe und meine Eltern denken nicht, dass das passiert ist, aber ich hab diese Möglichkeit oft gedanklich durchgespielt und srsly, es wär mir egal. Das sind nur meine Gene, die haben nichts mit meiner Person zu tun, zu der ich mich eigenständig bis heute entwickelt habe.

Und darüber hinaus: wie viele Männer haben wohl noch Lust ihren Samen zu spenden, jetzt wo ihre Anonymität nur Schein ist? Und wie viele Frauen oder gemeinsame Paare suchen demnächst nach Möglichkeiten selbst ein Kind zu kriegen (auch wenn er unfruchtbar ist und weil man diesen Vorgang einfach mit einer Adoption nicht vergleichen kann), wenn die Zahl der Samenspenden höööchstwahrscheinlich rapide abnehmen wird? Denn das ist ein guter Grund für künstliche Befruchtung und mMn müsste ein so gezeugtes Kind nichtmal zwingend jemals was davon erfahren.

Riesendreck, dieser ganze Scheiß. Und das alles nur wegen einer kleinen Pisskröte, die einfach zu "neugierig" war. Krieg ich so 'nen Hals, bei der Story.

4

Freitag, 8. März 2013, 17:21

@ Nerdbeere: Keine "Pisskröte", sondern deren Mutter.

Ich kann das auch nicht ganz verstehen wieso es zu so einem Urteil kommen kann. Die Geschichte von dir Cat kann ich durchaus verstehen. Nur sehe ich das eher als Fehler der Eltern. Sie hätten viel eher damit herausrücken sollen. Wenn ein Kind von klein auf mit dem Wissen aufwächst, dass der Vater nicht der Biologische Vater ist, dann bin ich mir sicher, dass es zu solchen Problemen nicht kommt. Das es später trotzdem seinen leiblichen Vater kennen lernen will, dass ist dann wieder was anderes.
Wenn ein Mann vor X Jahren mal Samen gespendet hat und jetzt plötzlich das Kind vor der Tür steht. Na toll. Der Mann mitlerweile selber Verheiratet, Kinder und hat eine "Vorzeigefamilie". Wie sollen die jetzt bitte auf sowas reagieren? Vor allem wenn der Mann selber sich seit Jahren keine Gedanken mehr darüber gemacht hat. Ich halte das Urteil für zu einseitig. Das ein Kind seinen Vater kennen lernt, lässt sich sicherlich regeln. Aber nicht auf die Art, dass das Kind jederzeit vor der Tür stehen kann.
Halte dir jeden Tag 30 Minuten für deine Sorgen frei und in dieser Zeit mache ein nickerchen.



Mitglied im Club der toten User

Ähnliche Themen